19:00 Uhr
Neurotitan
Rosenthaler Straße 39, 10178 Berlin
Eröffnung am 4.10. ab 19 Uhr
mit der Band Beisspony ( chicksonspeed rec ) und
Jens Friebe als DJ
City of strangers
Berlin hat sich in den letzten 20 Jahren sehr gewandelt und tut es noch. Viele, die schon lange hier leben, erkennen ihre Stadt kaum wieder und vermissen das alte Lebensgefühl. Auch das Berliner Nachtleben hat sich seit den 90er Jahren gewaltig verändert. Früher ein Labor für Täumer, Kreative, Bohemiens und Exzentriker, in dem die Meisten zu gleichen Teilen produzierten wie konsumierten, ist inzwischen eines der erfolgreichsten Aushängschilder der Stadt geworden. Das Versprechen von Party und Glamour funktioniert nach wie vor, heutzutage organisiert von Profis, die den permanenten Rausch generalstabsmässig organisieren und zu nüchtern kalkulierenden Dienstleistungsunternehmen geworden sind. Berlin hat es zwar geschafft, sich endgültig als die Partyhauptstadt der Welt zu etablieren, riskiert aber dabei zu einem seelenlosen Partydisneyland zu werden.
Jim Avignon ist in den letzten 25 jahren selber ausgiebigst im Berliner Nachtleben unterwegs gewesen , hat nicht nur viele Jahre in Clubs live gemalt und ausgestellt , und dafür vom SPIEGEL das Label “Tizian des Techno” verliehen bekommen, sondern auch als Zeitchronist das Nachtleben und seine Veränderung in Bildern gelegentlich scharfsinnig und -züngig kommentiert. So amüsierte er sich bereits 1996 mit dem Bild “ the ninties on stamps” über Ausverkauf und die ersten Tendenzen zur Historisierung in der Partyszene.
Die Ausstellung “City of Strangers” fasst nun ausgewählte Arbeiten Avignons zum Thema Nachtleben aus den letzten 20 Jahren zusammen. Jim wird bekannte Clubinstallationen aus den 90ern nachbauen, wie z.B. die 1994 in der Ausstellung CHROMAPARK gezeigte Rauminstallation “information overdose “ bestehend aus zahlreichen blinkenden Leuchtkästen oder die beim Fumetto 2003 gezeigte Stadtlandschaft “sleeping city “. Es werden aber auch zahlreiche neue Arbeiten zu sehen sein, darunter eine Coverversion von Rembrandts
Nacht – ”wache” , eine Gewichtheberhantel mit Discokugeln als Gewichten, 3 Meter hohe Barhocker und ein überlebensgrosser Taschenrechner auf dessen Display stoisch die Worte “ I shall not repeat myself” flimmern.
Jim Avignon zählt zu den ungewöhnlichsten Figuren in der aktuellen deutschen Kunstszene. Er ist zugleich Maler, Musiker, Konzept – und Aktionskünstler und hat sich aus diesen Komponenten ein eigenes Berufsbild zusammengezimmert, das ihn jeden Tag aufs Neue auf Trab hält. Er malt viel, nennt sich selbst augenzwinkernd „den schnellsten Maler der Welt“ und stellt schon mal eine ganze Ausstellung in ein paar Tagen auf die Beine. Seine Bilder sind ein Mashup aus cartooniger Figuration, expressionistischem Bildaufbau, und dominant aufs Bild gemalten Titeln – immer getreu der Devise: ein Maximum an Ausdruck mit einem Minimum an Linien. Während einige seiner Arbeiten bereits in Sammlungen und Museen hängen, stellt Avignon weiterhin mit Vorliebe in Clubs, Ladenlokalen oder auf der Straße aus. Er thematisiert die Schnelllebigkeit dieser Gesellschaft und kritisiert mit oft schwarzem Humor Ungleichheit und soziale Ungerechtigkeit.