Am Fuße der Berliner Oberbaumbrücke gelegen, hat sich das Watergate als einer der beliebtesten Clubs Berlins etabliert. Zum 15-jährigen Jubiläum wird auf Watergate Records nun die Watergate XV veröffentlicht, ein gigantisches limitiertes Box-Set mit 25 exklusiven Tracks aus einer Auswahl von Techno-Titans wie Henrik Schwarz, Catz‘ n Dogz, Kollektiv Turmstrasse, Tiefschwarz, Ellen Allien und vielen mehr. Zu kaufen gibt es die Box hier für 89 Euro. Sie ist limitiert auf 1000 Stück.
Ich hab die ganze Box durchgehört. Was soll ich sagen? Ich wünsche mir was Neues. Mut und Kreativität. Verrücktheit, die auch mal über die Stränge schlägt und ins Infantile abgleitet. Mehr naive kindliche Freude an Samples und einfach mal etwas mehr AUF DIE ZWÖLF wäre nice. Das ist alles sehr ernste Musik und eher als Intro geeignet, bevor es im Club auch mal richtig los geht. Man wird einfach das Gefühl nicht los, dass diese Tracks für Zugreisen geschrieben wurden. De facto gab es schon coolere Releases, und so langsam kommt die Frage auf, ob hier B Material für die Compi verbraten wurde. Alle Tracks eint die Voraussetzung einer, bereits in einen tanzhypnotischen Zustand versetzten Crowd, die sich schon in irgendeinem spirituellen Kosmos befindet, wo Musik nur noch dein knorke Freund ist, der dich ohne viel Lametta auf deiner Reise begleitet.
Die Zusammenstellung wirkt freigeistsberaubend aber lest selbst. Unterm Bild gehts los.
Adana Twins – Zuul: Der Track ist leider unspannend bis zur Minute 4.30. Dann setzen dunke Synths ein, die bei entsprechender Stimmung dich in eine freudige Endzeitstimmung versetzen könnten. Aber vielleicht geht es auch nur mir so und ganz ehrlich, John Murphys Adagio In D Minor kann da eh keiner toppen.
Alex Niggemann – Ava: Alex Niggemann schließt da an, wo Adana Twins aufgehört haben. Die Musik gab es es so auch schon vor zehn Jahren. Für Trance ist das zuwenig String Chichi, für Techno fehlt der Bass, es ist irgendwas zwischen Tech House und Minimal und schlichtweg Null mitreißend.
Anja Schneider – Vibration: Anja Schneider erinnert mich an irgendein Sample, aus einem 90er Jahre Techno Track dessen Name mir leider nicht mehr einfällt. Wer es erkennt, kann mir ja schreiben. Ansonsten isses ne ruhige Nummer, die sich gut hören lässt. Passiert nicht viel, passt gut auf eine Büro Playlist.
Butch – Nowhere: Butch kramt in der NDWElectroClash Kiste und serviert eine poppige Italo Disco Nummer. Nichts Grandioses aber sich erstmal wohltuend unterscheidend vom Rest passt diese Nummer ideal in den Film „the Bad Batch“. Perfekt für geeignet fürs minimal Dancing mit Mega Arroganz Attitüde für Mitte Tussis.
Catz n Dogz – Mr Invoice: Katzen und Hunde schicken den Herrn Rechnung auf die Techno Reise. Da wird ein bisserl mehr ans Tanzen gedacht, ein klassischer Trackaufbau kloppt immer weitere Elememte rein, aber der „Hände in die Höhe“ Abschluss fehlt dann doch. Im zweiten Teil erzeugt Mr Invoice doch noch eine leicht sexy Sogwirkung, die das ganze rettet.
Cinthie – Hatschi Hatschi: Cinthie macht zwei Dinge. Sie gibt erstens dem Lied einen lustigen Namen und zweitens macht sie etwas klar definierbares. Sie macht einen House Track. Der ist trocken produziert und funktioniert.
Ellen Alien – Lost in Paradise: Lost in Paradise klingt alt. Sympatisch alt. Ellen Allien, Labelinhaberin von BPitch Control, reiht sich letztlich leider auch ins Gesamtgefüge ein. Kein herausragendes Stück an elektronischer Musik.
Floyd Lavine Gumz – Black Note: Kenn ich nicht. Muss ich mal so ehrlich sagen. Der Track selbst ist eine Prise Basic Channel plus Tribal House. Wird weiter hinten zu einem zwar verhaltenem, aber ganz nettem trancigen Lied.
Gorje Hewek Izhevski – Arkkaim: Sehr ruhiger melodischer Track, der schöne sphärische Hall Klänge über viel Geplucker ausbreitet.
Henrik Schwarz – Kantine: Der Herr Schwarz legt mollig los, streut noch Klavier drüber und baut sogar ein paar vertrackte Elemente drüber, die erst sogar nicht zu passen scheinen, aber genau deswegen genaueres Hinhören verlangen. Guter Herbst Song, auch wenn man immer denkt, da laufen zwei Sachen nicht auf dem richtigen Beat. Andererseits könnte man das auch in die Innerzone Orchestra Ecke schieben.
Hyenah – Elinga: Elinga ist schon ganz smart. Tsckaka Tschaka wäre wohl die musikjournalistisch richtige Umschreibung für den Track, der später ein Xylophon? ausm Keller kramt und damit das bestimmende Motiv zaubert. Könnte auch ne Glocke ohne jeglichen Nachhall sein, die runterkomprimiert wurde bis in den Mariannengraben.
Jimi Jules – Every_Detail: KLARE KAUFEMPFEHLUNG!
Kollektiv Turmstrasse – Kisses In The Dark : Regen und Metall. Und große hallige Flächen. Schon geil. Der Track für den November schlechthin. Sollte eigentlich nur in U-Boot Werften gespielt werden. Es passiert hier wahrlich nicht viel, aber ist trotzdem ne kuhle Nummer.
La Fleur – Femton: La Fleur rollt. Und zwar gut. Düster und (Achtung neues Wort) proppefett blubbert das Ding ganz entspannt aber trotzdem voller Kraft bis zum Ende vor sich hin.
Lee Jones – Sacbe: Sacbe ist ein guter Song fürs absichtliche melancholische Selbstmitleid und im persönlichen Drama, wie Scheiße doch alles ist, ersaufen. Willst du einen Depri scheiben, wirst du dich in Lee verlieben.
Marco Resmann – Beehive: Beehive ist Bienenstock auf englisch. Passt zum Track, der so klingt als würden die Dronen mal den Aufstand proben, sich aber dann lieber mit besserem Kantinenessen zufrieden geben, denn nach dem Aufbau hin zur Climax knallts dann doch nicht so richtig hinten raus.
Mathias Kaden – 7th_Dimension: nee sorry…
Matthias Meyer & Ryan Davis – Hope: Ist ne schöner Song. Sollte nach Lee Jones – Sacbe um die Stimmung langsam wieder zu heben. Eignet sich sehr gut für Festival Promotion Videos mit Zeitlupen Aufnahmen und so.
Oliver Koletzki -The Inner Me: Hmm… siehe oben, Thema B Ware.
Osunlade – Nyepi: Nyepi ist schräg. Der Track ist definitiv selten spielbar, und wirkt wie ein hektisches Theaterstück wie eine Art Improvisations Jam Session, wo mehrere Protagonisten ihre Arrangements rein skippen. Sehe ich als gutes Futter für nen Soundtrack.
Rodriguez_Jr. – 1PM_Sunrise: Hey Calypso. As time goes by auf der letzten After Hour hinter tief stehender Sonne, wenn es einfach nicht mehr geht, weil sonst der Kreislauf Tschüss sagt, und ein bisschen Wehmut hoch kommt, weil man denkt, es wird nie wieder so schön. So viele Assoziationen hatte ich bei den anderen Tracks nicht, also muss er wohl gut sein.
Sebo K-Mirage: Och jaa geht schon. Plätschert so dahin, bringt sogar ein Saxophon ins Spiel, was durchaus gewagt ist, mehr aber nicht.
Solomun – Amanacer: Baby, ich geh mal grad runter in die Lagune und fang uns nen paar Korallenfische. PS: Ich mag dein strohblondes, von der Sonne durchflutetes, Haar. Ich hab Amanacer gegoogelt und es heißt witzigerweise sowas wie Sonnenaufgang.
Steve_Bug – Silver_Ants: Die Silberameisen fühlen sich auch sommerlich an, bombombombompen so dahin und sind innerhalb der Compi eher auf der Plus Seite.
Tiefschwarz – Control: Wir laden zu Shuffle und Besen, garniert mit WoopWoop und Kling Klang und jemand der es schafft gleichzeitig verzerrt und rückwärts zu sprechen. Aber auch hier fehlt mir letztendlich das Party Gen in der Komposition.
Tracklist
CD 1:
01. Henrik Schwarz – Kantine
02. Jimi Jules – Every Detail
03. Matthias Meyer & Ryan Davis – Hope
04. Gorje Hewek & Izhevski – Arkkaim
05. Floyd Lavine & Gumz – Black Note
06. Ellen Allien – Lost In Paradise
07. Alex Niggemann – Ava
08. Marco Resmann – Beehive
09. Tiefschwarz – Control
10. Catz ’n Dogz – Mr Invoice
11. Steve Bug – Silver Ants
12. Osunlade – Nyepi
CD 2:
01. Butch – Nowhere
02. Solomun – Amanacer
03. Rodriguez Jr. – 1PM Sunrise
04. Lee Jones – Sacbe
05. Oliver Koletzki – The Inner Me
06. Adana Twins – Zuul
07. Anja Schneider – Vibration
08. Mathias Kaden – 7th Dimension
09. La Fleur – Femton
10. Hyenah – Elinga
11. Cinthie – Hatschi Hatschi
12. Sebo K – Mirage
13. Kollektiv Turmstrasse – Kisses In The Dark