Es scheint paradox zu sein – Parra for Cuvas neues Album Juno vereint die Klänge eines südamerikanischen Ronrocos, eines indischen Flötenspielers sowie eines persischen Hackbretts, jedoch wurde das Album fast komplett in den vier BerlinerStudiowänden des Künstlers produziert. Bereits 2019 befand sich der Produzent in einer Art VorPandemie-Lockdown, da seine Freundin zu der Zeit schwanger war und sich das Leben des Paares größtenteils in den eigenen vier Wänden abspielte. Dennoch hat es Nicolas Demuth geschafft, die Welt in Juno zu packen: durch das Experimentierenmit Instrumenten und Sprachen, sowie Tracks, die nach afrikanischen Tieren und exotischen Reisezielen benannt sind. Das Album selbst trägt interessanterweise den Namen des Kindes, das seinerzeit sicher im Mutterleib lag und die Welt “da draußen”
noch nicht erfahren hatte.
Das ist das Schöne im 21. Jahrhundert: man muss noch nicht einmal ganz den Raum verlassen, um weit und ausgedehnt auf Reisen zu gehen. Bereits Parra for Cuvas Vorgängeralbum Paspatou (benannt nach dem Butler in Jule Vernes “In 80 Tagen um die Welt“) hat die weltliche Perspektive des Musikers durchscheinen lassen. Er konnte sich damit eine einzigartige Position als Künstler herausarbeiten und mit seinem Mix aus emotionalen Dancefloor-Experimentalklängen und akustischen bzw. folkloristischen Geräuschkulissen die elektronische Musikwelt um einen innovativen
Sound bereichern.
Juno führt diese globale Interaktion nun mit der Beteiligung von sieben Musikern aus der ganzen Welt fort. Die meisten davon hat Nicolas online getroffen und aus der Ferne mit ihnen gearbeitet.Für den Künstler geht es beim Musikmachen nicht um das Aufeinandertreffen von Ideologien und Weltsichten, als dass sich die multikulturellen Kollaborationen vielmehr auf Grundlage einer wechselseitigen Liebe zur Musik formten. In seinem Studio machen ganz verschiedene Instrumente von Glocken über Flöten bis hin zu Kalimbas und Hang
VÖ: 16.07.2021
Formate: Digital & Vinyl
Album Tracklist:
1. Her Entrance
2. Juno
3. Ordel
4. Slow Your Bloom
5. Impalas
6. Manila Palm
7. Cuiva
8. Dream Reverb
9. Juniper Green
10. Koin
11. Kamara
12. Merlins Head
13. Planet and Body
“Ich glaube nicht an die Spiritualität in der Musik, aber da ist definitiv etwas, wenn Du diese folkloristischen Instrumente nimmst und mit Synthesizern und Beats zusammen bringst – es nimmt Dich mit auf eine Reise!”, sagt er. Junos treffender Opener Her Entrance enthält Aufnahmen eines indischen Flötenspielers, den Nicolas irgendwo in der Wüste Rajasthans getroffen hat und mit all seinen Farben, Kulturen und Kredos fühlt sich der Song tatsächlich wie ein Korridor in die Welt an. Parra for Cuva hat kein Problem damit, alles zu vermischen: der Gesang mag in Form eingängiger englischer Gedichte wie in Ordel daherkommen, beigesteuert vom australischen Sänger Kyson. In Kamara hingegen ist der Südafrikaner Bongewize Mabandla zu hören, der in seiner Muttersprache isiXhosa singt. Während der erstgenannte Track zarte Gitarren-Melodien des britischen Neo-Soul Gitarristen Beau Diako beinhaltet, um zum Umherschweifen zu inspirieren, nutzt der letztgenannte elektronische Grooves des Analog-Synthesizer Gurus Moglii – mit dem gleichen Ziel. Auch genrebezogen gibt es auf Juno viel Stoff: die Spanne reicht von Downtempo bis House mit Zwischenstopps im Hip Hop und Pop – es gehört zu Parra for Cuvas Stil, seine ZuhörerInnen zu überraschen. “Ich wollte immer etwas Schräges, das man in meiner Musik nicht erwarten würde”,
erklärt der Musiker.
Manila Palm – der weitaus zugänglicher und sehr geradlinig anfängt, enthüllt sich plötzlich mit einem unvorhersehbaren Refrain aus einer schweren Bassdrum und einem Drum-Set im James Brown-Style. Trotz dieser vielen Einflüsse und Stile innerhalb des Albums wirkt Juno aber kein bisschen zusammenhangslos. Die Tracks passen perfekt hinein und fließen ineinander. Die Musik ist in ständiger Bewegung, sickert langsam durch und nimmt einen dabei mit.Trotzdem Parra for Cuva in der Techno-Hauptstadt ansässig ist, steht seine Musik dabei in scharfem Kontrast zu Berlins bekannter harter Elektro-Musik. Nicolas‘ Klänge ähneln vielmehr denen seine Zeitgenossen Christian Löffler oder Max Cooper, die nicht davor zurückschrecken, ihre ElektroProduktionen mit warmen, melancholischen, oft´analogen Sounds zu vermischen. Im Vergleich zur Berliner Szene reflektiert Nicolas: “Als Musiker sehe ich mich eher erwachsen, mein Sound ist weiser und ruhiger, denke ich.” Juno bildet den Zugang in eine multikulturelle, vor Diversität strotzende Welt, die dennoch ein ruhiger und friedlicher Ort ist. Mit Blick auf dieses Jahr kann dieser Zugang sicher auch als Flucht aus unserer aktuell begrenzten und polarisierten Realität betrachtet werden. Juno ist eine meditative und verträumte Reise, fordert ihre Zuhörer allerdings jederzeit mit subtilen Twists heraus, die den hypnotischen Groove unterbrechen. “Vergiss die Sprache und all das und hör einfach nur zu. So möchte ich, dass die Menschen die Songs anhören: ohne allzu viel darüber nachzudenken!”, sagt Parra for Cuva.