Das neue EsRAP Album trägt den poetischen Titel „Mamafih“, ein altes türkisches Wort für „jedoch“ und „trotzdem“ und transportiert damit gleich auf mehreren Ebenen die Geschichte und aktuelle Situation des austrotürkischen Geschwisterpaares. Trotz aller Widrigkeiten, der sie als Gastarbeiter Kinder und Vertreter der dritten Generation ausgesetzt waren wie Hass auf Ausländer und einem strukturell rassistischen Schulsystem, haben sie es geschafft sich über die Grenzen ihrer Heimat hinaus Gehör zu verschaffen.
Und der Titel birgt auch etwas Geheimnisvolles. „Mamafih“ ist ein altes Wort, das nicht mehr in Gebrauch ist. Verschüttet, wie die Gefühle mit denen Esra und Enes Özmen mitunter zu kämpfen haben und die oft eben auf ihre alltagsrassistischen Erfahrungen zurückzuführen sind. So geht „Mamafih“ weg vom reinen Identitätsthema. Die beiden stellten sich beim Schreiben des Albums die Frage: Wir haben das Problem erkannt, aber was macht das auf einer Gefühlsebene mit uns. Woher kommen Ängste und Gefühle von Einsamkeit? So ist „Mamafih“ persönlicher geworden und enthält viele türkischsprachige Passagen.
Musikalisch hat „Mamafih“ eine lange Entstehungsgeschichte. Die Samen dafür wurden schon 2019 gelegt, als Testa einen Track für das EsRAP Debüt „Tschuschistan“ produzierte. Jetzt stammt das ganze Album aus der Feder des umtriebigen Produzenten, der auch mit seinem eigenen Label Duzz Down San viele Impulse in der österreichische Hip-Hop Szene setzt. Die Beats orientieren sich stärker an House und Trap und verströmen ein intensives Club Feeling. Insgesamt zeichnet sich „Mamafih“ durch eine große Musikalität aus, in der Verschmelzung moderner Beats mit Arabeske erreichen EsRAP mit Testa definitiv die nächste Stufe. Kein Wunder entstand das Album doch in langen Sessions, wo zu dritt an den Songs gefeilt wurde. Also eine ganz andere Situation wie oft in Hip-Hop üblich, wo die Vokal Parts einfach zu vorgefertigten Beats eingespielt werden.
EsRAP haben sich durch ihre Veröffentlichungen und Konzerte in den letzten Jahren zu einem Role-Model österreichischer widerständiger Pop-Kunst mit migrantischem Hintergrund entwickelt und genießen dementsprechend mediale Aufmerksamkeit.
Über EsRAP
Aufgewachsen im alten Wiener Arbeiterbezirk Ottakring nutzen die Geschwister Esra und Enes Özmen Hip Hop als ihr Medium, um Gehör zu finden und der eigenen Lebenswelt mit all ihren Konflikten Anerkennung zu verschaffen. Gemeinsam bilden die beiden das Duo EsRAP und beschäftigen sich in ihren gemischt deutsch/türkischen Texten mit Fragen der Identität, dem Fremdsein im eigenen Land als Kinder der dritten Generation, die am eigenen Leib erfahrene Notwendigkeit des Aufbegehrens, Rap als Widerstand und auch dem Frausein in der männerdominierten Hip-Hop Welt. Im Gegensatz zur üblichen Rollenaufteilung in dieser steuert Esra die harten und schnellen Reime bei, während ihr Bruder Enes mit seiner feinfühligen Stimme die melodischeren Vokalparts übernimmt. Musikalisch finden EsRAP Inspiration im türkisch- orientalischen Genre Arabeske, das sie gerne mit modernen Beats verbinden.