Auch wenn es oft heißt, dass Kreativität Funken sprüht, hört man nicht oft davon, dass ein echter Stromschlag zu einem Album inspiriert hat. Doch bei LAAKEs neuem Album VOLT war es tatsächlich ein heftiger Stromschlag, ausgelöst durch eine defekte Lampenaufhängung, der die Vorstellungskraft des Musikers elektrifizierte und ein anfangs als Solo-Klavieralbum gedachtes Werk zu einer unheimlichen und mitreißenden Reise transformierte. Angetrieben durch eine Kraft, die von innen zu kommen scheint, bildet VOLT eine schillernde Erzählung, die die Zuhörerinnen und Zuhörer auf eine hypnotisierende Spritztour entführt. Das erste, das beim Hören heraussticht, ist die Geschwindigkeit und Präzision, mit welcher LAAKE die Klaviertasten anschlägt. Durch seine sich windenden, wirbelnden und sich aufeinander schichtenden Wiederholungen überführt er den Akt des Spielens in einen sinnestäuschenden Prozess, der den Geist unmittelbar aus der Stille der Konzerthäuser an einen viel dynamischeren Ort leitet. Ein Stil, der den Musiker über die Jahre hinweg zu definieren begann und die Dringlichkeit ausdrückt, mit der er sein Instrument gelernt hat, auf jegliche Theorie oder Übung verzichtend, sich kopfüber ins Spiel stürzend.
Die Jahre dieser brennenden Beschäftigung mit dem Klavier haben seine Geschicklichkeit und seine natürliche Vorliebe für Rhythmen in einen wiedererkenn- und unverwechselbaren Klang transformiert. „Das Klavier ist ein Schlaginstrument und genau das interessiert mich daran“, sagt LAAKE. Trotzdem das Klavier in seiner Entwicklung immer zentral geblieben ist, führte ihn das Interesse an seinen perkussiven Qualitäten vom typischen zeitgenössischen klassischen Pfad weg, um verschiedene Klangwelten zu erforschen, von Rockbands bis hin zu progressiven elektronischen Projekten. Durch das Spielen an der Seite elektronischer Künstler wie Laurent Garnier, Vitalic und Max Cooper bis hin zu Auftritten mit dem Orchester im Theatre du Châtelet in Paris wurde LAAKEs Reise durch das Experimentieren geprägt.
VOLT hat eine cineastische Größe in sich, die zum Teil durch den Umfang des Projekts erklärt werden kann. Neben LAAKE waren zehn Musiker:innen, deren Background von Klassik über Jazz bis hin zu zeitgenössischer Musik reicht, in das Album involviert. Zusammen kombinierten sie Klavier, Streicher, Blechbläser und Percussions, um LAAKEs facettenreiche Klangwelt zu erzeugen. Trotz seines fast orchestralen Setups, bewegt sich VOLT definitiv weg von seinem vorherigen Release O, das wie eine elektronische Sinfonie anmutet, und bewegt sich ein wenig mehr in Richtung Pop.
Durch die Trap-mäßigen Subbässe, den Gesang und die Struktur der Tracks an sich mit Strophen, Refrains und Bridges wird die Musik zu einer großartigen, aber dennoch bekömmlichen Reise. Und obwohl sich LAAKE überhaupt nicht der klassischen Schule zuordnet, wird er doch immer wieder dafür gelobt, dem Genre eine neue und frische Anziehungskraft zu verschaffen. „Ich beginne mit der Idee, dass in der Musik alles möglich ist und wenn ich morgen meinen Stil völlig verändern möchte, würde ich nicht zögern, es zu tun.“ Dabei gab der Stromschlag, trotzdem er eine schlimme und hoch traumatische Erfahrung darstellt, den Anstoß zu der kraftvollen Idee, es mit der Elektrizität selbst zu versuchen. „Ich bin kein großer Fan von Konzepten. Normalerweise arbeite ich instinktiv, aber für dieses Album war das Konzept bereits geschrieben und so habe ich mich entschieden, daraus eine Stärke zu machen. Es wurde undenkbar für mich, ein Album ohne Elektrizität zu machen“, erinnert er sich. Dazu kommt, dass das Album LAAKEs Liebe für die Energie des Rocks beibehält, indem der Musiker das Schlagzeug und die Percussions verstärkte, um der Musik eine rebellische Note und Seele zu geben. Eine Rebellion, die aus Spannung heraus erwachsen ist und bei der LAAKE in jedem Track mit der Gegenüberstellung konträrer Kräfte spielt und so Klangbilder mit Hell-Dunkel-Kontrasten malt.
Nirgendwo sind diese Kontraste so stark spürbar wie in ELECTRICITY, wo Klavier und Orchester auf Percussions, mehrstimmigen Gesang und Orgeln in einem Marsch aufeinanderprallen, der sowohl traurig als auch strahlend ist. Das Musikvideo entstanden unter der Regie von Ludovic Verwaerde, konfrontiert Zwang und Freiheit, verkörpert durch eine roboterartige Meute aus Krankenschwestern, die einen freien Patienten verfolgen. Dies scheint auch auf LAAKEs eigene traumatische Erfahrung während des Krankenhausaufenthaltes nach dem Stromschlag anzuspielen und illustriert die Absurdität, eine unzähmbare Kraft mit allen Mitteln einfangen zu wollen. Im finalen Duell zwischen den Schwestern und dem Patienten scheint die Freiheit zu siegen. So wie fast auf dem gesamten Album, ist Elektrizität eine unheimliche Geschichte, die aber ein positives Ende hat. „Der Sound meines neuen Albums ist ganz klar heller als der auf meinen vorhergehenden Veröffentlichungen. Ich habe mich von der elektronischen Musik in eine Richtung weiterentwickelt, die weniger kühl und menschlicher ist.“ Auf DONTGIVEITUP ist die Botschaft laut und klar. Der Kampf und die Anstrengungen können sowohl im aufsteigenden als auch absteigenden übereinander liegenden Klavier gehört werden, aber es ist meist ein Gefühl der Widerstandskraft und Ausdauer, das kommuniziert wird, nicht zuletzt durch den Gesang mit seinem durchgängigen „don’t give up“. In all seiner Ambition ist VOLT vor allem eine starke Erinnerung daran, dass aus großem Schmerz große Errungenschaften erwachsen.