In Berlin, wo die Nächte lang und die Basslines schwer sind, wird Musik längst nicht mehr nur gehört, sondern gefühlt – und neuerdings auch bewertet, und zwar nicht nur klanglich. Immer mehr Labels betonen plötzlich, wie fair, grün und gut sie sind. Doch wie echt ist das alles? Ist die Idee der „ethisch korrekten“ Musikindustrie nur eine weitere Masche, oder steckt mehr dahinter?
Konsumentenverhalten im digitalen Zeitalter
Heutzutage geht der erste Weg oft ins Internet, um dort mal nachzuschauen, was andere so sagen. Wir lesen Bewertungen, Kommentare, Likes, manchmal auch lange Analysen. Das ist ein Verhalten, das die Nutzer von heute branchenübergreifend an den Tag legen und in der Unterhaltungsindustrie haben Anbieter aus den unterschiedlichsten Sektoren, von Gaming über Glücksspiel bis Streaming den Trend aufgegriffen. Während beispielsweise für iGaming Anbieter mit hohen Einsatzlimits Betrugstests und Bewertungen unerlässlich sind, um Kunden anzusprechen, wird im Streaming Bereich Wert auf Rezensionen und persönliche Eindrücke von gehypten Serien und Filmen gelegt.
Für viele weitere Akteure und auch die Musikbranche rückt nun ein weiterer Marketing Trend vermehrt in den Fokus: Verbraucher wollen Werte – aber wer will da schon auf Greenwashing oder den x-ten Werbetrick reinfallen? Auch Musikliebhaber informieren sich vor dem Kauf oder Streaming eines Albums intensiv im Internet und fassen in einem gesamthaften Markenkonzept (Markenimage), einer Markenpersönlichkeit sowie einer Markenbeziehung das gefundene zusammen. Diese Bewertungen bilden häufig die Basis für die Kaufentscheidung.
Dabei geht es längst nicht mehr nur um den Klang. Nachhaltigkeit, faire Bezahlung und ethisches Verhalten sind Faktoren, die das Markenimage prägen und somit das Konsumentenverhalten beeinflussen.
Echte Überzeugungen oder Marketing-Gags?
Die Frage drängt sich auf: Sind diese Werte echte Überzeugungen oder nur clevere Marketingstrategien? Einige Labels haben in der Vergangenheit Initiativen ergriffen, um ihre sozialen und ökologischen Engagements zu betonen. So hat beispielsweise Universal Music Deutschland eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie veröffentlicht, die darauf abzielt, den ökologischen Fußabdruck des Unternehmens zu reduzieren. Dazu gehören Maßnahmen wie die Umstellung auf umweltfreundliche Verpackungen und die Förderung nachhaltiger Tourneepraktiken für ihre Künstler. Zudem betont das Label die faire Vergütung der Künstler und investiert in deren langfristige Entwicklung.
Kommen wir also zu den großen Labels, die vorangehen und das Thema Fairness und Verantwortung aufgreifen: Universal Music Deutschland und Sony Music Entertainment Germany.
Universal Music Deutschland hat im März 2024 eine Verpflichtung zu den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen veröffentlicht. Diese Verpflichtung umfasst Ziele wie die Beendigung von Armut, Förderung von Geschlechtergleichstellung und Maßnahmen zum Klimaschutz. Zudem hat man Maßnahmen zur Reduzierung ihres CO₂-Fußabdrucks ergriffen, darunter die Anpassung von Reiserichtlinien, die Einbindung von Elektro- und Fahrrad-Mobilität sowie die Senkung des Energiebedarfs. Diese Maßnahmen sparen in Summe mehr als 1.000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr.
Sony Music hingegen versucht mit anderen Aktionen zu punkten und hat im Juli 2024 mit rund 160 Mitarbeitenden, Künstlern und Mitgliedern des queeren Netzwerks EYO am Christopher Street Day in Berlin teilgenommen, um für Demokratie und Vielfalt einzustehen. Zudem wurden Maßnahmen wie genderneutrale Toiletten, genderneutrale Sprache und LGBTQIA+ Awareness-Schulungen implementiert, um ein sicheres Umfeld für alle Mitarbeitenden zu schaffen.
Doch wie tief verwurzelt sind diese Initiativen? Sind sie Teil einer langfristigen Unternehmensphilosophie oder lediglich Reaktionen auf aktuelle Trends? Die Authentizität solcher Maßnahmen wird oft daran gemessen, wie konsequent und transparent sie umgesetzt werden.
Streaming-Riesen und die faire Bezahlung
Und dann sind da die Streaming-Plattformen, die das Thema faire Vergütung mit hoher Priorität angehen sollten. Bei den großen Anbietern, von Spotify bis Tidal, verdient der Künstler oft nur ein paar Cent. Laut dem Europäischen Parlament brauchen wir dringend eine neue Gesetzgebung, um die Einnahmen fairer zu verteilen. Einige Plattformen versuchen, diesem Problem entgegenzuwirken. Qobuz beispielsweise engagiert sich für Fairtrade-Musikstreaming mit hoher Soundqualität. Um den Künstler eine faire Bezahlung zu ermöglichen, liegen die Abonnement-Preise von Qobuz über denen der Konkurrenz.
Fazit
Die Zeiten, in denen nur der Sound zählte, sind vorbei – jetzt wollen Verbraucher auch wissen, was hinter den Beats steckt. Werte, Fairness und Nachhaltigkeit sind gefragter denn je. Aber wie echt ist das Ganze? Einige Labels und Plattformen geben sich zumindest alle Mühe, mit grünen und sozialen Projekten zu glänzen, und das sieht oft vielversprechend aus.
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