Die Clublandschaft Deutschlands steht unter Druck: Gentrifizierung, steigende Betriebskosten und gesellschaftliche Veränderungen bedrohen immer mehr Spielstätten, die seit Jahrzehnten als kulturelle Ankerpunkte fungieren. Mit einer mutigen Aktion macht der Tresor West in Dortmund nun auf sich aufmerksam und setzt ein Zeichen für den Erhalt der Nachtkultur.
Community Nights: Freier Eintritt als Statement
Im Januar 2025 startet der Tresor West ein Experiment, das in der Szene für Aufsehen sorgt. An drei aufeinanderfolgenden Freitagen – dem 12., 19. und 26. Januar – wird der Eintritt komplett kostenlos sein. Die sogenannten Community Nights laden alle ein, Teil eines Abends voller Techno, Gemeinschaft und Bewusstsein für die bedrohte Clubkultur zu werden. Diese radikale Initiative verfolgt zwei Ziele: Sie soll einerseits mehr Menschen in den Club locken und andererseits die existentielle Bedeutung solcher Orte ins Bewusstsein rücken.
„Freier Eintritt ist mehr als nur ein Angebot“, erklären die Betreiber:innen des Clubs. „Es ist ein Weckruf. Ein Aufruf zur Unterstützung. Und ein Zeichen, dass Clubs wie der Tresor West weiterhin Orte der Begegnung, des Austauschs und der Inspiration bleiben sollen.“
Ein Kulturort in Gefahr
Das Tresor West ist kein unbeschriebenes Blatt. Als Ableger des Berliner Tresor vereint der Club seit seiner Eröffnung 2019 die Werte der Underground-Kultur mit dem Anspruch, eine Plattform für aufstrebende Künstler:innen zu sein. Doch auch ein solch renommiertes Haus bleibt nicht von den Realitäten der Clubbranche verschont. Die finanziellen Herausforderungen sind enorm, und das Publikum bleibt aus verschiedenen Gründen oft hinter den Erwartungen zurück.
Wie viele andere Clubs sieht sich auch der Tresor West gezwungen, kreativ zu werden, um zu überleben. Mit den Community Nights wagt der Club einen Schritt ins Ungewisse – ein Versuch, nicht nur Aufmerksamkeit zu erregen, sondern auch neue Wege der Interaktion mit der Community zu schaffen.
Clubsterben: Eine bittere Realität
In den letzten Jahren hat sich das Phänomen des Clubsterbens zu einer der größten Herausforderungen der elektronischen Musikkultur entwickelt. Höhere Energiekosten, strengere Auflagen und der wachsende Wettbewerb durch alternative Freizeitangebote machen es Clubs zunehmend schwer, ihre Pforten offen zu halten. Dabei sind diese Orte weit mehr als nur Flächen zum Tanzen.
Sie sind kulturelle Freiräume, sie schaffen Identität und geben Subkulturen ein Zuhause. Der Verlust eines Clubs bedeutet auch immer einen Verlust für die lokale Gemeinschaft und für die Kultur insgesamt. Das Tresor West stellt sich mit seiner Aktion bewusst gegen diese Entwicklung und will aufzeigen, wie wichtig es ist, dass sich Menschen für ihre Clubs stark machen.
Ein Appell an die Szene
Die Community Nights sind deshalb nicht nur eine Einladung, sondern auch eine Aufforderung: Wer möchte, dass Orte wie der Tresor West bestehen bleiben, muss sie aktiv unterstützen – sei es durch Präsenz, Netzwerke oder finanzielle Mittel. Mit jeder Person, die durch die Tür tritt, wird ein Zeichen gesetzt, dass diese Kultur weiterhin Bestand haben soll.
„Die Leute müssen verstehen, dass es nicht nur um uns geht, sondern um die Zukunft einer Szene, die für viele von uns mehr als nur Musik bedeutet“, betont das Team des Tresor West.
Ein Blick in die Zukunft
Ob das Experiment glückt, bleibt abzuwarten. Doch eines ist sicher: Der Tresor West hat den Mut bewiesen, unkonventionelle Wege zu gehen und den Dialog über die Bedeutung von Clubkultur erneut zu entfachen. Vielleicht ist dies der Beginn einer neuen Form der Zusammenarbeit zwischen Clubs, Künstler:innen und der Community.
Die Community Nights sind ein Aufruf, sich zu engagieren und zu feiern – nicht nur die Musik, sondern auch die Werte, die sie verkörpert. Techno war schon immer mehr als nur ein Sound. Er steht für Zusammenhalt, für Vielfalt und für das, was passiert, wenn Menschen gemeinsam etwas schaffen.
Wer also Teil dieses Experiments sein möchte, sollte sich die Termine vormerken. Denn manchmal beginnt Veränderung genau dort, wo die Nacht am lautesten klingt.