Da ich mich mit strukturiertem Arbeiten bereits im real life der Arbeitswelt schwer tue, wird das hier weder chronologisch oder alphabetisch sortiert aber sicher interessant. Könnt ihr dann gepflegt in irgendeiner Bar zum Besten geben.
Wo fange ich an?
>>> Hier ruhte einst die Kulturhauptstadt Europas
#Berlinistkultur bzw. Berlin ist arm aber nun auch unsexy. Die öffentliche Kulturförderung wird wieder auf ein Niveau früherer Jahre zurückgefahren. Die Hamburgische Bürgerschaft hatte derweil im Dezember beschlossen, das Kulturbudget der Stadt um 1,3 Millionen Euro aufzustocken.
In Berlin werden die großen Häuser (Staatsoper nicht Berghain) mit Ach und Krach überleben, weil man Touristen ja weiterhin Pergamon und Puppentheater vorsetzen muss. Die kleine, freie Szene hingegen? Muss flexibel sein, und sich “richtige” Jobs suchen. Clubs (Kulturstätten. JA o.NEIN?) wurden eh nie gefördert, maximal gab es Projektförderung. Da eine Studie Ende letzten Jahres aber ein baldiges Ende der Clubkultur monierte, wurden witzigerweise Rufe nach dieser Förderung laut. Geförderte Sub- und Gegenkultur…kicher. Tanz dich durch Freiräume sponsored bei Vater Staat. Jedenfalls ist der Umsatz laut der Berliner Umfrage zufolge im Schnitt um 55 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken, der Gewinn um 61 Prozent. In der Studie wird leider nicht benannt, dass die Clubszene die Corona Kids komplett ignorierte oder die Idee des Club an sich mal weiterdachte als Community Center oder so. Ein Getuschel auf dem Future for Festivals flüsterte mir dafür ins Ohr, dass CC und BMC wohl keine senatsbedingte Verknappung der Fördermittel fürchten müssen. Schließlich ist Berliner Techno ja Kulturerbe. Und den Gossip dazu lieferten sich bereits Clubcommission und Rave the Planet.
Es war auch nicht wirklich das Jahr der CC: Die unfassbar lappige Haltung bzgl. Antisemitismus in der Kulturszene, die letztlich dazu führte, dass Sascha Disselkamp dem Laden verließ. Siehe den guten Artikel von Leonie Kratz im TIP. Oder den hier, wo ich meinen Senf ablassen durfte. Leider mit Paywall. Oder den hier ohne Paywall. Oder die nutzlose geförderte Clubjobs Plattform, auf der “No jobs available” sind. Aber nun gibt es einen neuen Vorstand, also schaun wa mal.
>>> BYE BYE DRAUSSENSTADT
Was mal während Corona als unbürokratische Hilfe für die Freiluftkultur Berlins gedacht war, (damit waren letztlich “illegale” Open Airs gemeint), wurde zu einem aufgeblähten geförderten Family Bespaßungsprogramm, das leider nichts mehr mit der originalen Idee zu tun hatte. Nach Corona war es mit den kurzen Fristen und leichten Bewilligungen bei den Ämtern auch ratzefatze vorbei. Die waren unsagbar genervt von der, nicht mit ihnen abgesprochenen, Senatsaktion, und die Anmeldefristen schnellten zurück auf mindestens 12 Wochen. Der Pressetext zum Abschied sieht das natürlich anders. Fun Fact: Mit der Kulturoase Lichtenberg hatten wir damals sogar was Eigenes hochgezogen. War jemand von euch mal da?
>>> Nun doch. Das Clubsterben kommt
Clubsterben in Berlin – nur ein Mythos oder Tatsache? Ich hielt es jahrelang für einen catchy Begriff, der sich zwar als kämpferische Marke eignete, aber rein zahlenbasiert letztlich Quatsch war. Selbst während Corona ging kein einziger Laden drauf. Was an teilweise echt krassen Supporter Summen aus der Staatskasse lag. Wie z.B. für die Else Event GmbH, also die Wilde Renate. Auf Northdata kann jeder sich anschauen, was an staatlichen Beihilfen floss. Hier waren es 694.597 Euro.
Aber nun wird die Renate wohl Ende 2025 trotzdem schließen. Der Renate Garten ist bereits von Berlins Lieblinsgsinvestor Padovicz verkauft. Nächstes Jahr im Sommer beginnen dort bereits Bauarbeiten. Die Frage ist, was Padovicz mit dem brüchigen Altbau anstellen will. (Die Autobahn A100 führt übrigens am Club vorbei…)
Als ersten Club erwischte es das Mensch Meier. Steigende Preise und schwindende Besucherzahlen machten dem Laden zu schaffen. Bis Ende Januar 2024 schmiss das Kollektiv des Mensch Meier in seinen alten Räumlichkeiten noch weitere Partys, aber wieder als „Storkower Straße 121“. Danach war es vorbei. Der Club Anomalie, bislang direkter Nachbar des Mensch Meier, hatte danach übernommen. Der neue Name: Abstrakt. Das ging allerdings auch ganz schnell schief. Ich muss zum MM noch anmerken, dass sie zuletzt zu wenig auf das Clubding fokussiert waren. Es fehlten irgendwann sogar Standards wie Line ups etc. bei den Party Newslettern.
Es folgte das Watergate. Und schon wieder war es Padovicz. Neben dem Rückgang der EasyJet Clubtouristen und den Kids without Clubculture. Man könnte noch die Fiese Re:mise rein nehmen. War zwar schon 2023 aber nun gut. Und wieder war es ein Investor. Nicolas Berggruen (Herr Karstadt Debakel) war letztlich nicht daran interessiert, den Club zu erhalten und den Mietvertrag zu verlängern. Dass die Remise all die Jahre laufend ihren Namen änderte, weil es Dauerärger mit den Behörden gab, sollte man hierbei aber ebenfalls nicht unter den Tisch fallen lassen. Oh, und ich hätte beinahe das Loophole vergessen. Und Das Institut, den Nachfolger des Phono Clubs in der Pappelallee. Der Suicide Club benannte sich nur in Lokschuppen um, das zählt also nicht.
>>> Friede Freude Intifada
Im Oktober 2023 gegründet, hat sich mittlerweile eine eigene Berliner Clubszene AFD etalbliert, die Clubs boykottiert, Künstler:innen unter Druck setzt, ein „Klima der Angst” schafft, scheinbar unfassbar blöde in Geschichte war, ansonsten aber Vielfalt und Inklusion supi findet. Und das alles meistens auf englisch. Und ja… ähnlich verquer wie die AfD argumentiert. Befeuert durch Resident Advisor, BDS, DJs against Apartheid und die absolute Gewissheit, dass Solidarität mit Palästinensern nicht möglich ist, wenn man das Supernova Festival Massaker vom 7. Oktober als Gräueltat bezeichnet. Denn dann ist man ein Nazi. Oder man hat diesen Leuten einfach ins Gehirn geschissen. Was ich für wahrscheinlicher halte.
>>> Neue Clubs?
Ja schon. Robert und Sebastian vom Ritter Butzke haben mal eben das Kreuzwerk (Lobeckstraße 30-35) an den Start gebracht. Sonst ist immer das Geschrei der Gazetten groß, hier herrschte totale Flaute. Einzig, das Rough Trade im Kreuzwerk feierte, wurde publiziert im TIP, aber da ging es darum, dass der Londoner Kult-Plattenladen nun auch hier einen Standort hat. Man muss allerdings sagen, dass es auch absichtlich nicht promotet wurde. Dann erblickten noch so fluffige Nummern wie das Astralia Luft und das Wilder als Erwartet das Licht der Welt. Das MAAYA übernahm im Juli 2024 den Haubentaucher auf dem RAW Gelände und wird vom afrikanischen DJ-Kollektiv Freak de l’Afrique bespielt. Das 1-06 (Wilhelminenhofstr. 66) war ab November dabei und eher Event Location als Club, aber immerhin machte Toy Tonics dort schon ne Party. Fun Fact: 1-06 gehört zuWilhelmine. Das ist ein Projekt von Trockland. Und Angehörige des turkmenischen Ex-Despoten Nijasow haben Anteile daran.
Generell waren Locations wie das Neulant, die vorrangig nicht als Club konzipiert waren, wieder stark im Kommen, und erinnerten mich an die Zeit, als Mitte boomte, und solche Mischwesen aus Galerie, Musik Bar, Event Location ihre Hochphase hatten. LBNL…der Recede Club im SEZ und das BI Nuu Re-Opening nach drei Jahren Sanierung.
Mein Lieblingsnewcomer im Event Kalender war übrigens die Menagerie im Wedding. Dort kannst du laut Webseite die unterschiedlichsten Veranstaltungskonzepte realisieren z.B.: sex-positive Dance Party / erotische Shows / BDSM / Kultur / Lesung / Workshop und was euch sonst noch so einfällt. Eine ganz wunderbare Vielfalt :-)
>>> Beste Interviews
Von den rund 30 Artist Interviews letztes Jahr war sicher das mit DJ Jauche am lustigsten:
Wie handhabst du Musikwünsche?
Mit einem freundlichen lächeln und einem Kopfschütteln, mit einer Handbewegung zu meinen Schallplatten. Damit ist schon einmal ungefähr 50 % der Fragenden klar, dass die Chancen gering sind. Bei der oftmals nachfolgenden Frage ob ich kein Spotify oder Youtube habe, rufe ich die Security.
>>> Bestes Konzert
Dummerweise JUNGLE in London. Und eh beste Platte 2024. Seht ihren Auftritt bei den Brit Awards und kauft die Platte. Diese verdammten Briten… Seit den 90ern immer wieder großartige Musik am Start und komplett neue Stile hervorgebracht: Drum & Bass, UK Garage, Trip Hop, Acid Jazz, Brit Pop, Big Beat… während sich Detroit und Berlin um Techno streiten. Weiß doch aber eh jeder, dass es die Godmother of Electronic Dance Music die Britin Delia Derbyshire war.
Das mieseste Konzert hatte ich dafür in Berlin. Lauryn Hill und The Fugees demontierten eine musikalische Ikone, eine Eventlocation und einen Konzertanbieter in einem Zug. Muss man erst mal schaffen. Ausführlicher Rant hier.
>>> Herzerwärmender Shit
Bei meiner Freizeitbeschäftigung als Magazinmacher höre ich viel neue Promos. Sind sie gut, folgen manchmal Label oder Artist Interviews. Ganz selten finde ich Tracks so großartig, dass ich mir sogar die Platte kaufe, Videos mache, den Track in meine Sets einbaue und Events promote, bei denen diese Artists spielen. So war das bei Ten Fingerz auf Frappe Records. Mittlerweile ist es drei Jahre her. Ten Fingerz brachte im November eine neue EP raus. Als ich zum ersten Mal das Cover sah, dachte ich: Is ja witzig, da heißt ein Track wie ich. Ich wollte ihm sogar schreiben, so nach dem Motto: „Hahaha der Song trägt meinen Namen.“ dachte dann aber: „Ach nee, is ja Quatsch.“ Am nächsten Tag schrieb er mir: „Ich habe einen Track gemacht, der von dir inspiriert wurde, von der Unterstützung, die du mir für „NS“ gegeben hast – einem meiner ersten und sehr persönlichen Tracks. Es war wirklich berührend, dass du das alles von Berlin aus über die Musik gespürt hast. Schließlich habe ich diesen Track gemacht, bei dem ich versucht habe, die gleiche Energie wie bei „NS“ zu finden, und dabei an die Paris-Berlin-Verbindung mit dir gedacht. Der Track heißt „Jens Dance“ und wird am 28. November auf meinem neuen EP erscheinen.”
>>> Und 2025?
Vielleicht höre ich endlich mit THE CLUBMAP auf. Vorher benötige ich aber ein anderes Hobby. Ach Shit, da ist ja noch der Zug der Liebe. Wir haben dieses Jahr echt unser 10jähriges Bestehen. Wer hätte das gedacht. Ich zitiere mich mal selbst aus dem Tagespiegel Artikel von 2015 : „Den Stress tue ich mir nicht noch einmal an“ Tja… so kann man sich irren.
- Im Januar 2025 wagt der Tresor West ein Experiment, das in der Szene für Aufsehen sorgt. An drei aufeinanderfolgenden Freitagen – dem 12., 19. und 26. Januar – wird der Eintritt komplett kostenlos sein. Die sogenannten Community Nights laden alle ein, Teil eines Abends voller Techno, Gemeinschaft und Bewusstsein für die bedrohte Clubkultur zu werden. Diese radikale Initiative verfolgt zwei Ziele: Sie soll einerseits mehr Menschen in den Club locken und andererseits die existentielle Bedeutung solcher Orte ins Bewusstsein rücken.
- Das Jahr startet schon mal mit dem CTM Festival 2025, vom 24. Januar bis 2. Februar im Radialsystem, Berghain, Morphine Raum und anderen Locations.
- Der EMOP Berlin – European Month of Photography geht vom 1. bis 31. März 2025 in die 11. Runde! Das größte Fotofestival Deutschlands lädt dazu ein, die Welt der Fotografie in all ihren Facetten neu zu entdecken.
- Ein Berliner Startup-Gründer plant, die Räumlichkeiten des geschlossenen Institut für Zukunft ab April 2025 zu übernehmen. Offiziell bestätigt ist dies zwar noch nicht, doch laut Kai Thalmann, Geschäftsführer der Leipziger Entwicklungs- und Vermarktungsgesellschaft, stehen die Chancen gut.
- Am 18.-20.07.2025 geht die einunddreißigste Edition der Nation of Gondwana an den Start!
- Und am 30.08.20925 startet der 10te Zug der Liebe!
Ok, jetzt ist es auch genug. Schreibt mir gern, falls ich etwas vergessen habe. Lob geht auch immer.
Liebe Grüße
Jens PS: Irgendwer muss mir mal erklären, ob ich das richtig verstehe und die europäische Union Investor beim Revier Südost ist…