Das Clubsterben als globale Entwicklung
Clubs sind mehr als Orte zum Feiern – sie sind soziale Treffpunkte, kulturelle Katalysatoren und ein wichtiger Teil urbaner Identität. Dennoch verschwinden weltweit immer mehr kleine Clubs. In Berlin, London oder New York werden einst florierende Szenen durch steigende Mieten, strikte Auflagen und Verdrängung bedroht. Was sind die Hauptgründe für dieses Sterben, und gibt es Lösungen?
1. Steigende Mieten & wirtschaftlicher Druck
Die Gentrifizierung vieler Stadtteile treibt Mietpreise in die Höhe – auch für Clubs. Vermieter bevorzugen finanzstärkere Unternehmen, während Clubbetreibende oft nicht mithalten können. Beispiele aus Berlin zeigen, dass selbst etablierte Locations wie das Watergate oder das Mensch Meier unter Druck geraten und schließen mussten.
Fakten:
- In London verschwanden seit 2007 fast 50% aller Clubs, hauptsächlich durch steigende Mieten, laut Club Culture Report.
- Berlin hat seit 2010 rund 100 Clubs verloren, viele davon in innerstädtischen Bezirken, laut CC. Es ist korrekt, dass viele Clubs aufgrund von Gentrifizierung geschlossen haben, aber konkret kommt es natürlich auch darauf an, wie man „Club“ definiert.
Lösungsansätze
- Kommunale Schutzkonzepte (z. B. Mietdeckel für Kulturbetriebe)
- Ankauf von Clubimmobilien durch gemeinnützige Träger
2. Bürokratische Hürden & strenge Auflagen
Kleine Clubs leiden oft unter unverhältnismäßigen Bürokratiehürden: strenge Lärmschutzregelungen, hohe Sicherheitsauflagen oder komplizierte Genehmigungsverfahren. Besonders in Deutschland sind langwierige Antragsprozesse ein Problem.
Beispiele:
- K17 / Nuke Club musste 2017 schließen, wegen baulicher Auflagen und fehlender Verlängerung der Mietverhältnisse
- Subland: Am Rande Friedrichshains im alten Trafowerk Lichtenberg gelegen, wurde dieser Club im Juli 2015 geschlossen.
- Magnet Club: Ein gemütlicher Club für ca. 400 Personen, der am 5. September 2015 seine Pforten schloss.
- Bang Bang Club: Von 2007 bis 2010 am alten Postfuhramt aktiv.
- M.I.K.Z.: Auf dem RAW-Gelände gelegen, wurde dieser Club im September 2014 geschlossen.
- Schwarze Hütte Berlin: Ehemals bekannt als Le Chat Gris, befand sich am Rosa-Luxemburg-Platz und wurde geschlossen.
- Lovelite: Seit 1999 aktiv, prägte dieser Club den Friedrichshainer Südkiez maßgeblich und wurde geschlossen.
- Rummels Bucht: Im Bezirk Lichtenberg gelegen, musste dieser Club im September 2021 schließen.
- Griessmühle: Der Club musste 2020 seinen Standort in Neukölln aufgeben, da der Mietvertrag nicht verlängert wurde.
Lösungsansätze
- Bürokratische Erleichterungen für Kulturorte
- Vereinfachte Genehmigungsverfahren & Dialog mit Stadtverwaltungen
3. Lärmkonflikte mit Anwohner*innen
Viele Clubs befinden sich in gentrifizierten Stadtvierteln. Neue, oft wohlhabendere Anwohner*innen beschweren sich häufig über Lärm – und Behörden reagieren mit Auflagen oder Schließungen.
Lösungsansätze
- Einführung von „Agent of Change“-Gesetzen (Neubauten müssen sich an bestehende Clubs anpassen, nicht umgekehrt)
- Schaffung von Clubkultur-Schutzzonen
4. Verdrängung durch kommerzielle Großclubs
Internationale Clubketten und große Veranstalter verdrängen kleine Clubs, indem sie Künstler*innen mit höheren Gagen anziehen und durch kommerzielle Strukturen effizienter wirtschaften.
Lösungsansätze
- Förderung unabhängiger Veranstalter durch Stipendien oder Zuschüsse
- Gesetzliche Maßnahmen gegen Monopolbildung im Clubbereich
5. Wie kann die Clubkultur gerettet werden?
Großbritannien: „Save Our Venues“
- Diese Bewegung wurde ins Leben gerufen, um gefährdete unabhängige Musik- und Kulturstätten in Großbritannien zu schützen. Sie konzentriert sich auf die Unterstützung von Clubs, Live-Locations und kleineren Veranstaltungsorten, die durch steigende Mieten und den Verlust von Subventionen gefährdet sind.
- Initiative: „Save Our Venues“ hat seit 2020 über 200 Kulturstätten unterstützt, indem sie Gelder gesammelt und politische Unterstützung für die Anerkennung dieser Orte als kulturelle Infrastrukturen gefordert hat.
- Wirkung: Die Kampagne hat dazu beigetragen, dass einige Clubs temporäre finanzielle Unterstützung erhalten haben und dass die britische Regierung darüber nachdenkt, Clubs als essenzielle kulturelle Orte in den städtischen Planungsprozess zu integrieren.
Australien: „Night Time Economy“ und „Cultural Institutions“
- In Australien haben Städte wie Sydney und Melbourne begonnen, die „Night Time Economy“ als wichtigen kulturellen Bestandteil zu fördern. Dabei geht es nicht nur um Bars und Clubs, sondern um das gesamte nächtliche Kulturangebot, das als Wirtschaftszweig und als Teil der urbanen Identität betrachtet wird.
- Initiative: In Melbourne beispielsweise gibt es einen „Night Time Economy Commissioner“, der dafür sorgt, dass Clubs und andere Nachtkulturstätten politisch gestärkt und unterstützt werden. Sydney hat ähnliche Maßnahmen eingeführt, indem es Clubs als kulturelle Institutionen anerkennt und somit vor der Bedrohung durch Gentrifizierung schützt.
- Wirkung: Diese Initiativen haben dazu geführt, dass Clubs, insbesondere in städtischen Zentren, nicht mehr als bloße Freizeitorte betrachtet werden, sondern als wichtige kulturelle Akteure in der Stadtplanung.
Deutschland: Clubkultur als „Immaterielles Kulturerbe“
- In Deutschland gibt es die Diskussion darüber, Clubs offiziell als „immaterielles Kulturerbe“ anzuerkennen. Organisationen setzen sich aktiv dafür ein, dass die Berliner Clubkultur und auch andere Szene-Orte in deutschen Städten als Teil des kulturellen Erbes geschützt werden.
- Initiative: In Berlin wurde bereits 2019 eine Petition gestartet, um Clubs unter den Schutz von UNESCO als immaterielles Kulturerbe zu stellen. Ziel war es, die Clubszene nicht nur als Freizeitangebot, sondern als kulturelles Gut zu etablieren, das städtische Identität und Gemeinschaft fördert.
- Wirkung: Diese Bewegung hat nicht nur das Bewusstsein für die Bedeutung der Clubkultur geschärft, sondern auch einen breiteren gesellschaftlichen Dialog angestoßen, wie solche Orte langfristig gesichert und gefördert werden können.
Weitere Bewegungen:
- Frankreich: Die Pariser „La Nuit Sonore“-Bewegung fördert die Anerkennung von Clubs als Kulturbetriebe, die nicht nur kommerziellen Zielen dienen, sondern auch zur sozialen und kulturellen Vielfalt beitragen.
- USA: In New York und anderen US-Städten gibt es Initiativen, die darauf abzielen, „historische“ Clubs zu erhalten und deren Bedeutung als Kulturstätten zu betonen, etwa durch Stipendien oder steuerliche Anreize.
Mögliche Maßnahmen
- Staatliche Förderungen für kleine Clubs
- Clubschutz als fester Bestandteil von Stadtentwicklungsplänen
Fazit: Die Clubkultur braucht politische Unterstützung
Das Clubsterben ist kein Zufall, sondern Folge struktureller Probleme. Ohne politische Maßnahmen und gesellschaftlichen Einsatz droht vielen kleinen Clubs das Aus. Wer die Vielfalt der Nachtkultur erhalten will, muss sich für nachhaltige Lösungen einsetzen.