Kannst du uns etwas über deinen Hintergrund und darüber erzählen, wie du in die Musik eingestiegen bist?

Ich bin mit 10 Jahren auf ein Humanistisches Internat / Gymnasium mit Schwerpunkt Musik gekommen. Dort habe ich klassisches Klavier gelernt und eine Gesangsausbildung genossen. Mein musikalischer Habitus ist deswegen eher klassischer Natur.

Fun Fact: Markus Lindner alias Delfonic dürften die meisten Leute, zumindest im letzten Jahr, von den Toy Tonics Partys kennen. Und mit dem Toy Tonics macher hatte ich 2018 bereits ein Label Interview. HIER nachzulesen. So schließt sich der Kreis.

Wer sind deine größten musikalischen Einflüsse? Wie haben diese Einflüsse deinen Sound und deine Herangehensweise an die Musikproduktion geprägt?

Mit ca. 16/ 17 Jahren habe ich das erste Mal bewusst populäre Musik gehört und in meinem Fall war das Rap / HipHop so Mitte/Ende der 90er. Ich erinnere mich an das zweite Outkast Album, The Fugees, Cypress Hill, Beastie Boys, Gangstarr u.ä.

Als Dj war DJ DSL das größte Vorbild. Mit seiner Radio Sendung beim österreichischen Sender FM4 war er für mich und meine Freunde sehr einflussreich. Sein Stil war einzigartig, das er Rap Musik eher wie House gemixt, aber trotzdem mit hohen technischen Standards wie Backspin oder Scratching.

Außerdem war zu dieser Zeit Headz Music als auch Music aus Bristol sehr einflussreich. Drum & Bass / Jungle aus England sowie Breakbeatz. Für die Produktion war eher das viele Hören von Musik über die Jahre entscheidend ein Gefühl für den Groove zu entwickeln.

Was war bisher der Höhepunkt deiner Karriere? Hast du gute Tourgeschichten zu teilen? Und was war der schlimmste Job, den du je hattest?

Ich muss ehrlich gestehen, dass 2024 ein sehr sehr gutes Jahr für mich war. Ich hatte eigentlich nur schöne Gigs und bin auch etwas rumgekommen. Anfang des Jahres war ich in Italien und habe in Rom und Mailand gespielt. Ich versuche mittlerweile immer etwas Zeit in den jeweiligen Städten zu verbringen, um mir noch mehr anzugucken. So bekomme ich immer ca. 20km extra auf meinen Schrittzähler. In Mailand war es eine „Dancer“ Party und der ganze Dancefloor hat spontan Choreographien performed… pure Gänsehaut. In Georgien war es wirklich sehr angenehm und der Promoter und Menschen waren einfach total in der Musik verankert und am Ende auch dankbar für den Austausch. Im Hinblick auf die derzeitige politische Situation vielleicht noch eine viel wertvollere Erfahrung. Und dass ich auf das Wordwide FM Festival nach Seté in Südfrankreich von Gilles Petersen eingeladen wurde, war auf jeden Fall ein Highlight der letzten Jahre. Unfassbar gutes Lineup und großartige Musiker. Das ganze noch bei der Location und der tollen Crowd. Und dass ich dieses Jahr 2mal in Paris spielen durfte ist auch ein Previleg. Alleine des Essens wegen muss man da öfter hin.

Vor COVID waren meine Gigs zu 70% schlecht; davon könnte ich soviel erzählen, aber ein Auftritt bleibt immer unter den Top 5 worst gigs ever: Splash Festival 2014 auf der Seebühne. Ca 8.000 Menschen und ich hatte den letzten Slot am Abend; zu dem Zeitpunkt fand ich, es wäre eine super Idee Footwork / Juke mit Hip Hop Einflüssen zu spielen (Anmerkung der Redaktion:  Juke, ein Hybrid aus House-Rhythmen und HipHop-Samples auf 150 bis 160 BPM, und der damit verbundene Tanzstil namens Footwork eroberten von Chicago aus die Welt), aber die Technik hat nicht wirklich funktioniert. Das ganze endete in Buh Rufen und meiner Fähigkeit 8.000 Menschen verschwinden zu lassen. Am Ende hatte ich noch 2 neue Fans vor der Bühne, die das aber hart gefeiert haben.

Kannst du uns von den Herausforderungen berichten, denen du in deiner Karriere gegenübergestanden hast, und wie du sie überwunden hast?

Im Endeffekt ist alles eine Herausforderung; Talent sind vlt 25%, der Rest ist Ausdauer, Disziplin, praktizieren und vor allem netzwerken. Aber die größte Herausforderung ist, dass man für seine Familie und Freunde da ist und für sie sorgt. Der Rest ist immer irgendwie zu schaffen. Und viele Probleme und Hindernisse kann man eh nicht kontrollieren. Man muss lernen damit umzugehen und immer weitermachen. Einfach nicht aufgeben oder aufhören, denn was man macht, das macht man aus Überzeugung und Leidenschaft.

Beschreibe deinen Sound jemandem, der dich noch nie gehört hat. Und was würdest du tun, wenn du kein Musiker wärst?

Ich würde meinen Sound als Positive Soulful Music bezeichnen. Das ist was für mich über die Jahre am ehesten zutrifft. Und ich habe in meiner Laufbahn schon so gut wie alles gespielt. Ich sehe mich sowieso nicht als Musiker im herkömmlichen Sinne und einen Daytime Job in der Musikindustrie habe ich auch, aber abgesehen davon wäre ich wahrscheinlich gerne Jurist. Aber dazu hätte mir wahrscheinlich die Disziplin and er Uni gefehlt.

Kannst du uns deinen kreativen Prozess beim Schreiben und Aufnehmen eines neuen Tracks erklären?

Eigentlich ist es ganz simpel. Es kommt eine Idee oder Inspiration und dann geht der Prozess im Kopf los. Wenn ich dann am Rechner sitze, ist das Projekt eigentlich schon erledigt. Ich muss es nur schaffen innerhalb von ca. 2 Stunden meine Ideen in groben Zügen umzusetzen. Innerhalb dieser Zeit sollte das Grundgerüst stehen. Danach geht es an die Feinarbeit. Alles andere würde zu keinem Ergebnis führen, dass mich in dem Moment glücklich macht. Aber manche Projekte lagen schon einige Jahre angefangen rum, da ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht soweit war meine Ideen so umzusetzen, wie ich mir das vorgestellt hatte. Irgendwann stolpere ich dann wieder mal über diese Projekte und ich wage nochmal einen Versuch. Aber nie unter Druck; gerne mit Deadlines z.B. für Remixe. Da frage ich die Labels oder Künstler bis wann das Projekt fertig werden soll. Dann schaffe ich das auch. Aber niemals endlose Versuche oder „lass dir Zeit“.

Kannst du uns von bevorstehenden Projekten oder Kollaborationen berichten, an denen du arbeitest?

Aktuell habe ich für 2025 6 EPs geplant und mein Album „Diggin´ Sonoton“ kommt Ende Mai digital auf allen Plattformen raus. Die erste Ep kommt auf dem Label Disco Disco Records. Das wäre dann das zweite Release auf dem Label. Danach eine schöne EP auf „NeighbourSoul Rhythm“, einem Vinyl Only Label aus Barcelona. Zwei EPs mit Reworks von mir für Roy Ayers kommen auf dem legendären Label BBE. Gegen Mitte, Ende des Jahres kommen dann EPs auf Blur Records aus Jena und auf Disco Lifting. Letztes Jahr hatte ich weniger Releases, aber dieses Jahr kommt sehr sehr viel. Mal gucken, ob das gut geht ;-) Ausserdem gibt es einige Remixe dieses Jahr. Mal gucken was noch dazu kommt.

Wie handhabst du Musikwünsche?

No Requests. „Es ist wie mit dem Weihnachtsmann: Man kann sich alles wünschen, aber man weiß nicht was rum kommt“ ist meistens meine Antwort, aber zum Glück spiele ich eigentlich nur noch Events wo ich wegen dem, was ich mache gebucht werde und nicht weil die Gäste irgendeine Dienstleistung haben wollen, die Spotify eh schon viel besser kann.

Was tun, wenn dein Equipment streikt?

Improvisieren und gute Laune behalten. Klappt eigentlich immer. Manchmal kann das auch die Stimmung auf dem Dancefloor heben. Hab aber auch schon „buuuh“ Rufe bekommen.

Welcher Track würde bei deinem Einzug in dein Box Match laufen?

Falco – Auf Der Flucht (Delfonic Edit)

Was ist die wichtigste Musikequipment-Erfindung aller Zeiten – und warum?

Aus meiner Perspektive wahrscheinlich die Elektrisierung der Musikinstrumente. Inklusive Drum Machines.

Was würdest du raten, um sich als Profi durchzusetzen?

Get a Job und hab einen Plan B & C. Dann hast du die Freiheit zu tun was du fühlst und bist in gewisser Weise unabhängig. Aber sei dir bewusst, dass es nur ca 1% als Profis schaffen. Es gehört einfach eine große Portion Glück dazu und es gibt einfach keine sichere Formel, sonst würden es viel mehr schaffen, was einfach nicht möglich ist, denn wenn alle es schaffen, wer hört dann noch zu?!

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FOTO: Delfonic by Marie Staggat